Philosophie

Roboter infiltrieren unseren Alltag. Spielzeuge wie Furbie oder Staubsaugerroboter unterhalten uns und erleichtern das tägliche Leben. Aber was empfinden wir wirklich für diese emotionslosen Wesen? Forscher an der Universität Duisburg stellten nun fest, dass Menschen Empathie für Roboter empfinden. Die Sozialpsychologin Astrid Rosenthal-von der Pütten erklärt, wie weit Roboterliebe gehen kann.

Sie haben herausgefunden, dass Menschen Empathie mit Robotern empfinden. Wie lief Ihr Experiment ab?
Wir haben verschiedene Studien zu der Fragestellung durchgeführt, ob und wie Menschen emotional auf Roboter reagieren. Zuerst zeigten wir den Probanden ein Youtube-Video, in dem ein Pleo-Roboter gequält wird. Der Pleo-Roboter ist ein kleiner Roboter, der mit Berührungssensoren ausgestattet ist. Im Anschluss fragten wir sie, wie sie sich beim Anschauen des Films gefühlt haben. Zudem haben wir ihre physiologischen Reaktionen analysiert: Indem wir die Hautleitfähigkeit messen, können wir ihr Erregungslevel bestimmen. Unser Ergebnis: Die negativen Videos haben unsere Probanden definitiv mehr erregt.
In einem zweiten Schritt wollten wir herausfinden, wie sich diese Erkenntnis im Vergleich zu ähnlichen Videos mit Menschen verhält. Wir haben neues Material produziert, in dem wir mit einem Roboter, einem Mensch und einer Box positiv und negativ interagiert haben. Sie wurden beispielsweise entweder gestreichelt oder gehauen und gewürgt. Es hat sich gezeigt, dass alle Videos emotionale Ergebnisse hervorriefen. Bei den positiven Filmen gab es keine Unterschiede zwischen Roboter und Mensch, wurde jedoch ein Mensch misshandelt rief das bei unseren Probanden eine stärkere Reaktion hervor als das Vergleichsvideo mit Robotern.

Mit welchen Erfindungen aus der Robotik können wir in den nächsten Jahren rechnen?
Es wird zurzeit sehr viel Forschungsgeld in die Service-Robotik gesteckt, deshalb ist unsere Studie, die deren Auswirkung auf den Menschen beleuchtet, auch so relevant. Es gibt sehr viele Projekte, die sich zum Ziel gemacht haben Probleme, die durch den demographischen Wandel entstehen, zu entschärfen. Assistive Technologien können ältere Menschen zum Beispiel dabei unterstützen, länger selbstständig in ihrem eigenen Zuhause zu leben. Ein anderes Beispiel sind Roboter, die im Krankenhaus dem Team bei körperlich belastenden oder sich wiederholenden Aufgaben helfen: schwere Akten tragen oder den Patienten umbetten.

Welche Vorteile hat es, wenn Menschen Empathie mit diesen Robotern empfinden?
Es ist wichtig, dass diese Systeme sozial verträglich sind. Sie müssen sich in dem sozialen Umfeld, in dem sie agieren, auch sozial verhalten, um akzeptiert zu werden – nur so können sie dem Menschen helfen. Stellen Sie sich Langzeiteinsätze von Robotern vor, bei denen es um Motivation geht, beispielsweise in der Rehabilitation nach einem Schlaganfall. Roboter können den Patienten bei solch langwierigen Prozessen unterstützen. Damit das erfolgreich ist, fragen wir uns als Wissenschaftler: Wie können Emotionsmodelle – also künstliche Emotionen des Roboters – den Emotionsgrad des Patienten aufrecht erhalten?

Warum?
Ein hoher Emotionsgrad verstärkt die Motivation des Patienten, langfristig an seiner Genesung zu arbeiten – zusammen mit dem Roboter. Ich glaube, es ist wichtig, die menschliche Reaktion schon jetzt mehr in den Forschungsfokus zu stellen. Nur so kann die Forschung auf die menschliche Wahrnehmung Rücksicht nehmen.

Wie weit denken Sie können Mensch-Roboter Beziehungen gehen?
Ich würde nicht sagen, dass wir Freundschaften mit Robotern schließen werden. In Studien zu Langzeitinteraktion von Menschen mit Robotern haben wir beobachtet, dass es einige Personen gibt, die sehr bereitwillig eine intensive Beziehung mit einem Roboter eingehen. Diese Personen geben dem Roboter Namen, vermissen ihn oder erklären ihm Dinge, obwohl rational bekannt ist, dass dieser sie nicht versteht. Andere sagen dagegen ganz klar, dass der Roboter für sie ein Stück Technologie ist. Es gibt also extreme Unterschiede, wie Menschen auf Roboter reagieren und wie bereitwillig sie eine Beziehung aufbauen.

Können Sie sich selbst vorstellen im Alter von einem Roboter betreut zu werden?
Ich sehe das etwas entspannter, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass wir Pflegeroboter in diesem Ausmaß haben werden. Viele Leute haben ein Zukunftsszenario vor Augen, in dem wir im Alter statt unserer Familie nur noch Maschinen zu Gesicht bekommen werden. Das befürchte ich überhaupt nicht. Ich sehe höchstens Technologien, die uns im Alltag unterstützen, wie zum Beispiel intelligente Häuser. So etwas kann ich mir vorstellen, jedoch werden diese Technologien eine menschliche Beziehung nicht ersetzen.

Verbindet Sie persönlich eine emotionale Bindung mit Maschinen oder Robotern im Alltag?
In unserem Institut haben alle Roboter einen Namen. Aber ich denke, dass es mit Robotern ähnlich wie mit anderen Gegenständen ist. Viele kennen das Gefühl: „Das ist meins“. Das ist jedoch weniger eine Freundschaft, als ein Besitzanspruch. Der Roboter oder die Maschine gehört zu unserem Leben dazu. Aber manchmal merke ich auch, dass emotional mehr abläuft als gedacht. Das haben wir besonders deutlich gespürt, als wir das Videomaterial für unseren Versuch produziert haben. Ein Kollege meinte sogar, dass er den Roboter nicht weiter quälen wollte. Das wurde irgendwann sehr unangenehm, denn die Bewegungen und Geräusche des Roboters haben unterbewusst etwas in uns ausgelöst.

In unserer Ausgabe 09/2011 haben wir bereits über die neuen Einsatzmöglichkeiten von Robotern berichtet, lesen Sie hier eine gekürzte Version des Artikels „Bruder Roboter“ !